Literatur für
Mikroskopiker ist mittlerweile sehr dünn gesät. Umso neugieriger
machen natürlich die wenigen sporadischen Neuerscheinungen. Was
steckt also hinter diesem recht umfangreichen Werk? Zunächst
einmal handelt es sich nicht um ein Buch, in dem der Einsteiger in
die Geheimnisse der Handhabung des Mikroskops eingeführt wird. Die
Technik des Mikroskops wird auf wenigen Seiten nur oberflächlich und
folglich manchmal nicht ganz exakt angerissen. Man erfährt
beispielsweise, dass es optische Kontrastverfahren, wie den
Phasenkontrast, gibt - über Hintergründe und Handhabung erfährt man
jedoch fast nichts.
Wer jedoch Antworten auf die Fragen:
"Was kann ich mikroskopieren?"
"Wie komme ich an das gewünschte Untersuchungsmaterial?"
"Wie muss ich das Material präparieren?"
sucht, der findet in dem vorliegenden Buch eine enorm ergiebige
Informationsquelle. Im Vordergrund steht somit das mikroskopische
Präparat.
Das Buch ist übersichtlich und durchdacht strukturiert. Nach
einem Ausflug in die Geschichte der Mikroskopie befassen sich die
folgenden Kapitel mit allen nur denkbaren mikroskopischen
Präparaten:
- Erkundungen in der unbelebten Natur (z.B. Kristalle,
Kunststoffe, Schneekristalle - 15 Seiten)
- An der Schwelle des Lebens (Viren, Bakterien, Blaualgen - 17
Seiten)
- Die Zelle und ihre Bestandteile (29 Seiten)
- Einzeller und andere Protisten (45 Seiten)
- Pilze sind ein Reich für sich (22 Seiten)
- Pflanzen - kreuz und quer (70 Seiten)
- Von niederen und höheren Tieren (23 Seiten)
Diese Kapitel sind wiederum in in sich geschlossene "Projekte"
unterteilt, welche dann eine konkrete Fragestellung und die
Vorgehensweise zu ihrer Beantwortung behandeln.
Danach folgt ein 41-seitiges Methodenregister. Hier trifft man
auf umfangreiches Know-how - von der Herstellung eines einfachen
Präparates über Färbemethoden bis zu Hinweisen zu Kulturverfahren.
Sehr praktisch sind die Querverweise am Seitenrand der oben
genannten Projekte in diese Methodensammlung. Hierdurch werden
unnötige Wiederholungen vermieden und die Übersichtlichkeit erhöht.
Abgerundet wird das Werk durch ein umfangreiches
Literaturverzeichnis.
Das Werk richtet sich in erster Linie an den Hobbymikroskopiker.
Folglich sind Fragestellungen, die die Infrastruktur eines Labors
zwingend voraussetzen, weitgehend ausgeklammert. Hierher gehören
beispielsweise histologische Untersuchungen, für die man z.B. ein
spezielles Mikrotom benötigt. Trotzdem sind einige Projekte recht
anspruchsvoll und eher für den schon erfahreneren Mikroskopiker zu
empfehlen.
Das Erscheinungsbild des Buches hat mich schlichtweg begeistert.
Die Verarbeitungsqualität ist hervorragend. Sämtliche Mikrofotos und
Zeichnungen sind von sehr hoher Qualität und lassen das Buch zu
einem ästhetischen Genuss werden. Neben Hellfeld-Aufnahmen sind
beispielsweise auch viele Phasenkontrast- und
Interferenzkontrast-Aufnahmen zu bewundern. Für einen Einsteiger
wäre es allerdings wünschenswert gewesen, dass das verwendete
Kontrastverfahren zu den Bildern auch angegeben wird.
Insgesamt ist "Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie" meiner
Meinung nach für jeden Hobby-Mikroskopiker unbedingt zu empfehlen.
Persönlich kann ich dem Buch einen gewissen "Sucht-Faktor" nicht
absprechen und greife immer wieder gerne zu - und sei es nur um die
schönen Fotos zu genießen.
Christian Linkenheld |