Neben den behandelten Eigenheiten bezüglich Bildbeschnitt und Vignettierung gibt es noch andere Ärgernisse, die bei der Adaption einer Kompaktkamera das Bildergebnis trüben können. Wir wollen hierzu für ein einfaches Experiment ein Haar diagonal vor das Objektiv einer Digitalkamera kleben (im Beispiel eine Olympus 4040Z). Dann fotografieren wir mit dieser derart "modifizierten" Kamera zunächst durch das Mikroskop und dann noch einen sehr kontrastarmen, wolkenverhangenen Winterhimmel. Die Kameraeinstellungen sind hierbei identisch:

  • maximale Teleeinstellung des Objektivs
  • kleinste Blendeneinstellung
  • Fokussierung auf

 

ein Haar vor das Objektiv geklebt

Für die folgenden Versuche wird ein Haar diagonal über die Frontlinse des Kameraobjektivs geklebt.

 

Zunächst soll das Bildresultat in der Mikrofotografie untersucht werden. Das Haar vor dem Objektiv ist hier deutlich sichtbar. Zusätzlich wirkt das Bild fleckig und weitere Störungen treten auf.

 

Das Bildresultat in der Mikrofotografie
   

 

Die Kratzer in der Frontlinse des Objektivs sind so klein und oberflächlich, dass ich sie erst mit der Lupe und bei schrägem Lichteinfall nachweisen konnte. Der Schmutzpartikel muss sich sogar irgendwo in der Kamera selbst befinden.

 

Das Bildresultat bei der Aufnahme des Winterhimmels
   

 

Trotz gleicher Einstellung der Kamera ist selbst vor dem extrem kontrastschwachen Winterhimmel nichts von den Verunreinigungen und Störungen im Strahlengang zu sehen.

Wir wollen nun klären, wieso die Kamera nur am Mikroskop derart sensibel reagiert. Zunächst soll aber der Strahlengang bei der "normalen Alltagsfotografie" mit einer Kompaktdigitalkamera untersucht werden. Die Stellung der Kamerablende ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig.

 

Funktion der Kamerablende einer Digitalkamera
   

 

Befindet sich nun Schmutz auf dem Objektiv, so kommt es bei offener Blende zu einer minimalen Abschattung aller Bereiche des Bildes. Der Schmutzpartikel ist zumindest nicht direkt sichtbar. Bei geschlossener Blende beschränkt sich die Abschattung durch den Partikel auf die oberen Bereiche des Sensors. Diese dürfte aber immer noch so schwach sein, dass sie selbst jetzt nicht sichtbar wird.

Das Schließen der Blende sorgt für eine Verengung der zu einem Bildpunkt führenden Strahlenbündel. Je dünner diese Strahlenbündel sind, desto eher werden Verunreinigungen im Strahlengang sichtbar.

 

Bei der herkömmlichen Fotografie bestimmt somit die Objektivblende den Durchmesser der zur Abbildung eines Objektpunktes führenden Strahlenbündel. Adaptiert man eine Digitalkamera jedoch ans Mikroskop, so verändert sich diese Situation völlig. Das Mikroskop liefert nämlich zur Abbildung eines Zwischenbildpunktes prinzipiell extrem schmale Strahlenbündel. Wie schmal diese Bündel sind haben wir im Prinzip bereits bei der Untersuchung der Austrittspupille des Okulars gesehen. Die Austrittspupille ist bekanntlich der gemeinsame Durchmesser aller vom Zwischenbild ausgehenden Strahlenbündel. Deren Durchmesser beträgt bei einem herkömmlichen Okular etwa 1mm oder weniger. Betrachtet man sich den Strahlengang etwas näher, so gelangt man zur folgenden Formulierung:

Das zur Abbildung eines Zwischenbildpunktes beitragende Strahlenbündel nimmt bis zum endgültigen Bildpunkt auf der Augennetzhaut oder dem CCD-Chip der Kamera nirgends einen größeren Durchmesser als den der Austrittspupille des Okulars/Adapters an.

Unter diesen Bedingungen verwundert es nicht, dass selbst kleinste Partikel im Strahlengang einen relativ großen Bereich eines bilderzeugenden Strahlenbündels einnehmen. Man kann die oben dargestellten "Bildverunreinigungen" somit als eine Art Schattenwurf interpretieren.

 

Die Kamera am Mikroskop: die Objektivblende wird funktionslos
   

 

Die Empfindlichkeit gegenüber Verunreinigungen im Strahlengang läßt es auch empfehlenswert erscheinen eine einmal adaptierte Kamera möglichst selten vom Adapter zu entfernen. Hierbei gelangt eigentlich immer Staub auf die Adapteroptik oder das Kameraobjektiv. Idealerweise verwendet man eine ans Mikroskop adaptierte Digitalkamera nur noch für die Mikrofotografie und beläßt sie permanent am Mikroskop.

 

Ringe, Ringe, Ringe

Ein spezifisches Problem zumindest einiger Kompaktdigitalkameras sind ringförmige Bildartefakte, die vor einigen Jahren erstmals bei den Nikon Cooplix-Modellen 4500 und 995 beobachtet wurden und deshalb mitunter auch als "Coolpixringe" bezeichnet werden. Nachfolgend einige Aufnahmen, die derartige Artefakte zeigen.

 

Ringartefakte
(Aufnahme: G. Marson - leicht nachgeschärft)

hohe Auflösung
(unbearbeitet)

Ringartefakte
(Aufnahme: G. Marson)

hohe Auflösung
(unbearbeitet)

 

Zur Ursache der Ringartefakte finden sich im Internet mehrere Erklärungsansätze wie:

"Nicht gleichmäßig ausgehärteter Linsenkitt und dadurch hervorgerufene geringe Lichtbrechungsunterschiede."

"Vielmehr werden hier aus Kostengründen die inneren Linsenflächen vor dem Kitten nicht auspoliert sondern in gefrästem Zustand zusammengefügt."

"Sie werden hervorgerufen durch das Schleuder-gußverfahren für die Massenproduktion einiger Linsen des Kameraobjektivs."

"Die Oberfläche der asphärischen Linse der COOL-PIX 4500 ist strukturiert, um die ideale Anpassung der Lichtstrahlen zur exakten Zentrierung auf den Schärfepunkt zu erhalten. Diese minimalen Linien sind nicht sichtbar, wenn man normale Aufnahmen ohne Ansatz an ein Mikroskop macht."

Unabhängig vom exakten Entstehungsgrund wird man davon ausgehen können, dass die Ursache der Artefakte darin zu sehen ist, dass Kompaktdigitalkameras für die Alltagsfotografie und nicht für die Adaption an ein Mikroskop konstruiert sind. Die rigiden optischen Rahmenbedingungen am Mikroskop, die durch die oben beschriebene Abbildung durch enge Strahlenbündel vorgegeben werden, treten hierbei nicht auf. Der mit dem enormen Preisverfall verbundene Kostendruck zwingt dann zu Einsparungen in der Produktion, wodurch für anspruchsvollere Anwendungen keine "Leistunsreserven" verbleiben.

 

Wie findet man vor dem Kauf heraus, ob eine Kamera Ringartefakte bildet?

Auf diese Frage gibt es wohl keine einfache Antwort. Am ehesten wird man dies durch direkten Kontakt mit Mikroskopikern erfahren können (z.B. http://www.mikroskopie-forum.de). Aber auch hierbei ist man nicht immer auf der sicheren Seite, da die Ringbildung auch durch die jeweiligen Rahmenbedingungen (Einstellung der Mikroskopbeleuchtung, Brennweite des Adapters usw.) erheblich mitbeeinflußt wird. Hinzu kommt die individuell unterschiedliche Empfindlichkeit gegenüber diesen Artefakten. Serienstreuungen oder gar Umstellungen beim Produzenten der Optik sind dann noch weitere Faktoren.

Nähere Informationen zu den Ringartefakten finden sich bei: