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Numerische Apertur und Auflösung

 

Einleitend soll auf ein verbreitetes Missverständnis bezüglich der Begriffe Auflösung und Vergrößerung eingegangen werden. Es gibt sehr günstige, besser gesagt billige Mikroskope, welche für sehr wenig Geld eine sehr große Vergrößerung liefern. Derartige Geräte sollen für teilweise gerade 100 DM eine 1000-fache Vergrößerung bieten. Nun muss die Frage gestellt werden, worin sich diese Erzeugnisse von den mehrere tausend DM teuren Geräten der namhaften Hersteller unterscheiden.
Die Unterschiede liegen beispielsweise darin, dass diese Billigstgeräte trotz hoher nominaler Vergrößerung eine geradezu erbärmliche Auflösung liefern - das erzeugte mikroskopische Bild ist optisch leer, Details werden nicht aufgelöst. Deshalb ist es wichtig, zu wissen, ob Vergrößerung und Auflösung eines Mikroskops in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. Nur wenn dieses Verhältnis stimmig ist, wird eine hohe Vergrößerung auch in greifbare Ergebnisse umgesetzt, Objektdetails werden erkennbar.
Deshalb ist auf jedem Mikroskop-Objektiv nicht nur dessen Maßstabszahl, sondern auch eine Angabe über dessen Auflösungsvermögen aufgeprägt. Bei dieser Angabe bezüglich des Auflösungsvermögens handelt es sich um die sogenannte numerische Apertur (n.A.) des Objektivs. 

 

Die Objektiv-Apertur

Das Auflösungsvermögen eines Objektivs ist, vereinfacht ausgedrückt, davon abhängig, wie viel Licht von einer Struktur des Präparates in das Objektiv gelangt. Diese Lichtmenge ist nun wiederum abhängig vom sogenannten Öffnungswinkel des entsprechenden Objektivs.

 

Der Öffnungswinkel (vereinfachte Darstellung)

  • Links: Objektiv mit großem Öffnungswinkel und somit hoher Auflösung

  • rechts: Objektiv mit kleinem Öffnungswinkel und somit geringer Auflösung

 

Je größer der Öffnungswinkel ist, desto besser löst ein Objektiv Details eines Präparates auf. Dennoch wird nicht der Öffnungswinkel, sondern die numerische Apertur (=Objektivapertur) auf dem Objektiv angegeben. Wie gut ein Objektiv Details auflöst hängt nämlich neben dem Öffnungswinkel auch von der Brechzahl des Mediums zwischen Deckglas und Objektiv ab.

 

 

Je höher der Wert für die numerische Apertur ist, desto größer ist auch das Auflösungsvermögen eines Objektivs. Befindet sich zwischen Objektiv und Deckglas Luft (Brechzahl ca. 1.0), so berechnet sich das Auflösungsvermögen nur nach dem Sinus des halben Öffnungswinkels. Der theoretisch erreichbare höchste Wert der numerischen Apertur würde dann genau 1.0 betragen. Hierzu wäre jedoch ein Objektiv mit unendlich großer Frontlinse bei gleichzeitig gegen Null gehendem Arbeitsabstand erforderlich. Aus naheliegenden Gründen kann es ein derartiges Objektiv nicht geben. Die in der Praxis erreichbare numerische Apertur liegt deshalb bei maximal 0.95.

Aus der Formel für die numerische Apertur geht, wie bereits erwähnt, hervor, dass neben dem Öffnungswinkel des Objektivs auch die Brechzahl des Mediums zwischen Deckglas und Objektiv in die Berechnung eingeht. Hier befindet sich bei normalen Trockenobjektiven Luft.

 

Trockenobjektiv

Lichtstrahl 3 wir nach dem Austritt aus dem Deckglas so stark gebrochen, dass er nicht mehr in die Frontlinse des Objektivs gelangt

 

Beim Trockenobjektiv werden die Lichtstrahlen beim Eintritt in die Luft zwischen Deckglas und Objektiv gemäß des Brechungsgesetzes vom Lot weggebrochen. Dadurch gelangen bereits etwas stärker geneigte Lichtstrahlen nicht mehr in das Objektiv und können somit auch nicht zur Auflösung beitragen. Bei den sogenannten Immersionsobjektiven wird zwischen Deckglas und Objektiv ein Immersionsöl aufgebracht, welches einen größeren Brechungsindex aufweist. Dadurch gelangen auch stärker geneigte Lichtstrahlen noch in das Objektiv. Da das Auflösungsvermögen von der durch das Objektiv aufgenommenen "Lichtmenge" abhängt, nimmt mit der numerischen Apertur natürlich auch das Auflösungsvermögen des Objektivs zu.

 

Ölimmersionsobjektiv

Die Brechzahl von Deckglas und Immersionsöl sind fast identisch. Lichtstrahl 3 wird nach dem Austritt aus dem Deckglas nicht merklich gebrochen und gelangt in die Frontlinse des Objektivs

 

Ölimmersionsobjektive können numerische Aperturen bis etwa 1.40 erreichen. Höhere numerische Aperturen sind mit gängigen Lichtmikroskopen nicht zu erreichen.

 

Die Fähigkeit eines Objektivs, zwei benachbarte Details im Präparat aufzulösen, hängt von dessen numerischer Apertur ab. Die nachfolgende Formel, deren theoretische Ableitung hier nicht wiedergegeben wird, dient der Berechnung des theoretisch möglichen Auflösungsvermögens eines Objektivs aus der numerischen Apertur.

 

Berechnung der Auflösung eines Objektivs auf der Basis der numerischen Apertur

 

 

Beispiele für die Berechnung des Auflösungsvermögens von Objektiven nach obiger Formel

Als Wellenlänge wird ein Wert von 0.55 µm eingesetzt - dies ist der Bereich des sichtbaren Lichts, für welches das menschliche Auge am empfindlichsten ist

 

Das letzte Beispiel für ein Objektiv mit einer numerischen Apertur von 1.40 zeigt gleichzeitig das mit den Mitteln der Lichtmikroskopie maximal erzielbare Auflösungsvermögen (rund 0.2µm). Dies ist jedoch nur ein unter optimalen Bedingungen erreichbarer Wert. In der Praxis können die oben berechneten Werte nämlich nicht ganz erzielt werden.
Das menschliche Auge ist ohne Hilfsmittel in der Lage Einzelheiten zu unterscheiden, die etwa 0.2 bis 0.3 mm von einander entfernt liegen. Aus diesen Werten ergibt sich gleichzeitig die mit Lichtmikroskopen erzielbare, sinnvolle Vergrößerung. Diese maximale Vergrößerung liegt, bei der Anwendung eines Immersionsobjektivs mit hoher numerischer Apertur, genau wie das Auflösungsvermögen etwa bei dem Faktor 1000. Deshalb wird auch bei sehr teuren Mikroskopen eine Gesamtvergrößerung von 1000-fach in der Regel nicht überschritten.

 

Hinweis

Prinzipiell ist es möglich eine bestimmte mikroskopische Gesamtvergrößerung durch unterschiedliche Kombinationen aus Objektiv und Okular zu erreichen. Wer beispielsweise ein Objektiv 40X(n.A. 0,65) und ein Okular 25X kombiniert, erreicht die gleiche Gesamtvergrößerung, wie bei der Kombination Objektiv 100X(n.A. 1,25) und Okular 10X. Dennoch wird sich das mikroskopische Bild beider Kombinationen erheblich unterscheiden. Wie wir gesehen haben, bestimmt die numerische Apertur eines Objektivs dessen Auflösungsvermögen. Das Okular kann das vom Objektiv erzeugte Bild nur nachvergrößern. Details, die schon das Objektiv nicht mehr auflöst, kann auch ein noch so stark vergrößerndes Okular nicht wieder hinzufügen. In der Regel sollte die Gesamtvergrößerung aus Objektiv und Okular nicht über dem 500 bis 1000fachen der numerischen Apertur des verwendeten Objektivs liegen (sogenannte förderliche Vergrößerung). Ein Objektiv 40x(n.A 0,65) liefert in der obigen Kombination mit einem Okular 25x zwar eine tausendfache Vergrößerung, das Bild wirkt jedoch "optisch leer", da die förderliche Vergrößerung deutlich überschritten wird.

 

Die Beleuchtungsapertur

Es wurde gezeigt, dass das Auflösungsvermögen eines Objektivs von dessen numerischer Apertur abhängig ist. Hierbei wurde stillschweigend davon ausgegangen, dass ein vom Präparat ausgehender Lichtkegel in das Objektiv fällt. Ein derartiger Lichtkegel muss jedoch erst erzeugt werden. Dies ist die Aufgabe des Kondensors. Genau wie ein Objektiv besitzt ein Kondensor eine numerische Apertur, diese befindet sich jedoch nicht im Objektraum, sondern im Bildraum des Kondensors. Die numerische Apertur des Kondensors wird als Beleuchtungsapertur bezeichnet und kann durch die Aperturblende stufenlos verstellt werden.

 


Beleuchtungsapertur = Objektivapertur

Objektiv-
Brennebene
Objektiv
Objektebene
Kondensor
Aperturblende
Kollektorlinse
Lichtquelle
In der Abbildung ist die Aperturblende soweit geöffnet, dass die Beleuchtungsapertur genau der Objektivapertur entspricht. Blickt man bei heraus genommenem Okular in den Okular- stutzen, so erscheint die Brennebene des Objektivs gleichmäßig hell ausgeleuchtet.

 

 


Aperturblende stärker geschlossen

Objektiv-
Brennebene
Objektiv
Objektebene
Kondensor
Aperturblende
Kollektorlinse
Lichtquelle
Wenn man die Aperturblende des Kondensors stärker schließt, dann ist die Beleuchtungsapertur kleiner als die Objektivapertur. Bei einem Blick in den Okularstutzen ist dann ein Bild der Aperturblende im Bereich der Objektiv-Brennebene zu erkennen.

 

Wird die Aperturblende des Kondensors zu stark geschlossen, so kann die numerische Apertur des Objektivs nicht ausgenutzt werden und die Auflösung des mikroskopischen Bildes bleibt unbefriedigend. Ist die Beleuchtungsapertur jedoch größer als die numerische Apertur des Objektivs, so kommt es zu deutlichen, kontrastmindernden Überstrahlungen. In der Praxis wird man meist die Beleuchtungsapertur so einstellen, dass die Beleuchtungsapertur etwa 2/3 der Objektivapertur beträgt. Dies lässt sich durch einen Blick in den Okularstutzen leicht kontrollieren. 

 

Ergänzendes Thema:

[ Geometrische Optik ]

 

 



 

© 2000 Christian Linkenheld