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Differentieller Interferenzkontrast (DIK)

 

Der differentielle Interferenzkontrast wird zur Untersuchung von Phasenpräparaten angewendet. Es handelt sich hierbei um eine Methode, bei der die Differenzen in der optischen Weglänge, wie sie beispielsweise zwischen einem Bakterium und dem Einschlussmedium bestehen, in einen Reliefkontrast umgesetzt werden. Die theoretischen Grundlagen zum genauen Verständnis des differentiellen Interferenzkontrasts sind sehr komplex. Nachfolgend soll deshalb nur ein Basiswissen vermittelt werden, welches zur Interpretation des mikroskopischen Bildes im differentiellen Interferenzkontrast unbedingt notwendig ist. Zudem sei erwähnt, dass verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten zur Erzielung eines differentiellen Interferenzkontrasts bestehen. Die nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf den Aufbau eines Interferenzkontrast-Mikroskops nach Nomarski. Diese Anordnung dürfte die am weitesten verbreitete Möglichkeit zur Erzeugung eines differentiellen Interferenzkontrasts sein.

 

Vergleich des Bildergebnisses im Hellfeld und im differentiellen Interferenzkontrast zur Demonstration des Reliefkontrast-Effektes im DIK (ca. 39.5 KB)

 

 

Prinzipielle Funktionsweise des differentiellen Interferenzkontrasts

Zunächst durchläuft das Mikroskopierlicht einen Polarisationsfilter, der als Polarisator bezeichnet wird. Diese polarisierte Wellenfront wird durch ein sogenanntes Nomarski-Prisma in zwei kohärente Wellenfronten gleicher Amplitude aufgespalten. Die Aufspaltung durch das erwähnte Nomarski-Prisma erfolgt auf der Basis polarisationsoptischer Effekte. Die entstehenden Wellenfronten bestehen aus polarisiertem Licht mit senkrecht zueinander orientierten Schwingungsebenen. Gleichzeitig erzeugt das Nomarski-Prisma noch einen Gangunterschied zwischen diesen beiden Wellenfronten. Durch den Kondensor werden diese Wellenzüge parallel zueinander ausgerichtet. Deshalb passieren sie die Objektebene in einem bestimmten Abstand zueinander. Dieser Abstand ist in der Realität sehr gering und liegt unterhalb der Auflösungsgrenze des Mikroskops. Die beiden Wellenzüge passieren dann noch ein zweites Nomarski-Prisma, wo sie wieder zusammengeführt werden. Dieses Nomarski-Prisma ist in der Regel senkrecht zur optischen Achse des Mikroskops verschiebbar. Dadurch lässt sich der Gangunterschied zwischen den beiden Wellenzügen stufenlos verändern. Oberhalb des zweiten Nomarski-Prismas befindet sich ein weiterer Polarisationsfilter, der Analysator, in sogenannter Kreuzstellung zu dem bereits erwähnten Polarisator. Nach dem Austritt aus diesem Polarisationsfilter kommt es zu Interferenzerscheinungen zwischen den zusammengeführten Wellenzügen. Diese Interferenzerscheinungen sind einerseits von dem eingestellten Gangunterschied abhängig; andererseits wird der zwischen beiden Wellenzügen eingestellte Gangunterschied durch das Präparat zusätzlich modifiziert. Dies rührt daher, dass der eine Wellenzug beispielsweise nur durch das Einschlussmedium, der andere, lateral versetzt laufende Wellenzug  jedoch bereits durch eine Präparatstruktur mit von dem Einschlussmedium abweichender Brechzahl verläuft. Dadurch ergeben sich die folgenden Charakteristika des DIK:

  • Der durch das obere, verschiebbare Nomarski-Prisma eingestellte Gangunterschied bestimmt die Helligkeit und Farbe des Bilduntergrundes.

  • Der eigentliche, reliefartige Bildkontrast wird durch die beschriebene Modifizierung des Basisgangunterschiedes bestimmt.

 

Ein Mikroskop für den DIK muss folgende bauliche Merkmale aufweisen:

 
  • Der Kondensor muss mit Nomarski-Prismen ausgestattet sein. Diese Prismen befinden sich meist auf einer drehbaren Revolverscheibe. Vergleichbar mit dem Phasenkontrast muss in der Regel für jedes Objektiv ein gesondertes Nomarski-Prisma vorhanden sein. Zusätzlich ist in den Kondensor noch meist der Polarisator integriert. Ein Kondensor für den DIK ähnelt deshalb im Aussehen einem Phasenkontrast-Kondensor.
  • Oberhalb der Objektive muss das zweite, verschiebbare Nomarski-Prisma mit dem Analysator vorhanden sein. Bei den klassischen Baukasten-Mikroskopen mit Endlich-Optik werden diese beiden Bauteile in einen  Zwischentubus integriert. Diese Baugruppe wird zwischen Stativ und Tubus angebracht. Bei den neueren Mikroskopen mit Unendlich-Optik ist kein Zwischentubus erforderlich. Bei diesen Geräten werden die beschriebenen Bauteile in den sogenannten Unendlich-Raum eingeführt.
  • Für den DIK sind nicht alle Objektive geeignet - bezüglich der Eignung von Objektiven für den DIK sollte man deshalb beim entsprechenden Hersteller anfragen oder sich über die entsprechenden Informationsschriften und Datenblätter des Herstellers bezüglich dieser Frage Gewissheit verschaffen.
  • Unbedingt erforderlich ist eine intensive Lichtquelle (meist Halogenleuchte mit 50 oder 100 Watt).

 

 

 

 

 

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Strahlengang für DIK nach Nomarski
   


 

 

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Hinweis

Die vorausgegangene, zugegebenermaßen sehr knappe Beschreibung der Grundlagen des differentiellen Interferenzkontrasts ist sicherlich für manchen schwer verständlich. Deshalb möchte ich die zwei wesentlichen Ursachen für Fehlinterpretationen des mikroskopischen Bildes im DIK nochmals gesondert hervorheben:
  1. Die beschriebene Aufspaltung in zwei Wellenfronten erfolgt lateral. Dies bedeutet, dass nur die Strukturen im Präparat kontrastiert werden, die senkrecht zur Aufspaltungsrichtung verlaufen. Eine lineare Struktur beispielsweise, die senkrecht zur Aufspaltungsrichtung verläuft, wird in einer maximalen Kontrastierung dargestellt. Verläuft die gleiche Struktur jedoch parallel zur Aufspaltungsrichtung, so ist keine Kontrastierung erkennbar.
  2. Der entstehende Reliefkontrast verleitet zu Fehlinterpretationen. Dem Relief im mikroskopischen Bild entspricht nämlich längst nicht immer auch ein tatsächlich vorhandenes Relief im Präparat. Das mikroskopisch sichtbare Relief basiert nämlich nur auf einem Unterschied in der optischen Weglänge des Lichts. Die optische Weglänge kann natürlich durch eine unterschiedliche Dicke einer Präparatstelle mit gleichem Lichtbrechungsindex verursacht werden. In diesem Fall korrespondiert im weitesten Sinne tatsächlich eine "Reliefierung" im Präparat mit einem Relief im mikroskopischen Bild. Oftmals kommt der Reliefkontrast jedoch nur durch eine laterale Änderung des Brechungsindexes zustande. In diesem Falle kann eine ansonsten gleich dicke Stelle im Präparat einen Reliefkontrast verursachen. 

 

 

Vergleich differentieller Interferenzkontrast - Phasenkontrast

Sowohl der Phasenkontrast als auch der differentielle Interferenzkontrast werden zur Untersuchung von Phasenpräparaten eingesetzt. Dennoch bestehen zwischen beiden Verfahren signifikante Unterschiede nicht zuletzt auch in Bezug auf das entstehende mikroskopische Bild. Da ich mich persönlich überwiegend mit Präparaten aus dem Bereich der Hydrobiologie und Bakteriologie befasse, nehme ich nachfolgend besonders auf diese Untersuchungsgebiete Bezug.

  • Protozoen/kleine Metazoen, viele Algenarten: bei der Untersuchung von Protozoen ist der DIK in aller Regel dem Phasenkontrast deutlich überlegen. Der Zellaufbau beispielsweise eines Pantoffeltierchens ist bereits außerordentlich komplex. Verschiedene Zellorganellen und Einschlüsse liegen bei derartigen Organismen neben- und übereinander. Der Phasenkontrast erzeugt hier durch die sich überschneidenden Halos und seine große Schärfentiefe oftmals ein kaum interpretierbares Bild. Der DIK kann bei derartigen Präparaten dagegen oftmals ganz besonders überzeugen. Die geringe Schärfentiefe ermöglicht nämlich regelrechte "optische Schnitte" durch solche Präparate.

Beispiel eines optischen Schnittes im DIK durch eine fadenförmige Alge der Gattung Spirogyra (ca. 31.5 KB).

  • Bakterien, kleinste Metazoen (Flagellaten): Bei derartigen Objekten bevorzuge ich meist den Phasenkontrast. Bakterien besitzen keine derart komplexe Kompartimentierung des Zellinneren wie dies bei der eukaryotischen Zelle der Protozoen der Fall ist. Zudem erscheinen Bakterien im Phasenkontrast meist sehr gut und auffällig kontrastiert, so dass sie sich sehr leicht im mikroskopischen Bild auffinden lassen. Der Haloeffekt stört bei diesen Organismen kaum und kann mitunter sogar kontrastfördernd wirken. Flagellaten sind meist ebenfalls im Phasenkontrast leichter zu erkennen, dies gilt oftmals besonders auch auf die Flagellen dieser Organismen. Für die eingehende Untersuchung von Flagellaten empfiehlt sich dennoch zusätzlich oftmals die Untersuchung im DIK.
     
  • Belebtschlamm aus Kläranlagen: Die innere Struktur der Flocken eines Belebtschlammes lässt sich im DIK besser untersuchen als im Phasenkontrast, da bei letzterem der Haloeffekt und die große Schärfentiefe wieder besonders stören können. Die Form der Flocken ist dagegen oftmals im Phasenkontrast leichter zu erkennen. Fadenförmige Organismen und freie, nicht an den Belebtschlamm gebundene Bakterien fallen im Phasenkontrast ebenfalls meistens besser auf als im DIK. Für die im Belebtschlamm vorkommenden Protozoen und kleinen Metazoen tritt wieder die bereits oben erwähnte Überlegenheit des DIK auf.

 

Da sowohl der DIK als auch der Phasenkontrast im Vergleich zueinander Stärken und Schwächen aufweisen, besitzen viele Mikroskope eine apparative Ausstattung, die sowohl die Untersuchung im Phasenkontrast als auch DIK ermöglichen. Hierzu  muss der Kondensor sowohl mit Ringblenden für den Phasenkontrast als auch mit Nomarski Prismen für den DIK ausgestattet sein.
Dennoch wird auch heute zur Untersuchung von Phasenobjekten meist nur der Phasenkontrast eingesetzt. Dies liegt in erster Linie daran, dass der DIK apparativ wesentlich aufwendiger und teurer ist als der vergleichsweise "günstige" Phasenkontrast.

 

 

 



 

© 2000 Christian Linkenheld