Das Objektiv
Ist die Beleuchtung das Herz eines Mikroskops, so kann man das Objektiv durchaus als dessen Seele bezeichnen. Diese sicherlich sehr pathetische Formulierung soll unterstreichen, dass nur das Zusammenspiel eines leistungsstarken, richtig eingestellten Beleuchtungsapparates mit einem qualitativ hochwertigen Objektiv brillante mikroskopische Bilder erzeugt. Bei den Mikroskopobjektiven den "Durchblick" zu behalten ist wahrlich nicht einfach. Bei einer Durchsicht der Unterlagen zu meinem BHS-Mikroskop von Olympus bin ich auf rund 70 verschiedene Objektive zu diesem Gerät gekommen. Wer sich beispielsweise ein Mikroskop neu zulegt, der steht auch vor der Frage nach den für ihn geeigneten Objektiven. Will man Fehlinvestitionen vermeiden ist es deshalb notwendig, sich zunächst über die unterschiedlichen Objektive und ihre Einsatzmöglichkeiten zu informieren. Die andere Möglichkeit wäre natürlich, um bei dem obigen Beispiel zu bleiben, sich einfach alle 70 möglichen Objektive zu kaufen und dann später einfach zu probieren, was man damit so alles machen kann. Der Nachteil dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand - die Kosten würden wohl jeden Rahmen sprengen. Betrachtet man die Objektive eines Mikroskops, so erkennt man, dass sie eine unterschiedliche mechanische Länge aufweisen. Schwach vergrößernde Objektive haben meist eine wesentlich kürzere Bauweise als stärker vergrößernde Systeme. Der Abstand zwischen dem Deckglas und der Objektivfrontlinse bei der mikroskopischen Untersuchung wird als Arbeitsabstand bezeichnet. Dieser Arbeitsabstand hat für jedes Objektiv einen charakteristischen, festen Wert. Er kann bei den Objektiven mit großem Abbildungsmaßstab sehr gering werden. Ein Objektiv mit einem Abbildungsmaßstab 40:1 meist einen Arbeitsabstand von etwa 0,5 mm. Um die Objektivfrontlinse und das Präparat zu schützen haben Objektive mit kurzem Arbeitsabstand eine gefederte Objektivfrontlinse. |
"Normen" Immer wieder trifft man in Prospekten - insbesondere der weniger namhaften Hersteller - auf Ausdrücke wie "Normoptik" oder "DIN-Optik". Die einzige wirklich relevante Norm im Bereich der mikroskopischen Optik ist die DIN 58887. In dieser Norm sind folgende Parameter festgelegt:
Diese Norm beinhaltet somit lediglich mechanische Konstruktionsmerkmale. Qualitätsmerkmale hinsichtlich der optischen Leistung sind hier nicht definiert.
Sämtliche namhaften Hersteller (Zeiss/Leica/Nikon/Olympus) halten sich nicht mehr an diese Norm. Diese Firmen haben ihr Programm auf moderne, jeweils firmenspezifisch definierte bzw. optimierte, "Unendlich-Optik" umgestellt. Aktuelle Optik von Zeiss lässt sich somit nur an Zeiss-Geräten verwenden. Das Gleiche gilt für die anderen drei Hersteller. Wer also ein Mikroskop mit "Norm-Optik" erwirbt und daraus ableitet, dass er damit automatisch ein Gerät mit gesicherter Qualität und Kompatibilität zu anderen Herstellern hat unterliegt einem Irrtum. Man sollte deshalb Optiken unterschiedlicher Hersteller nicht untereinander kombinieren.
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Daneben hat sich die Federung der Frontlinse bei den längeren, stärker vergrößernden Objektiven allgemein durchgesetzt. Hierdurch erfolgt bei Fehlbedienung sowohl ein Schutz des Präparates, als auch eine Vorbeugung gegen Beschädigungen der Objektivfrontlinse. Dennoch bedingt der kurze Arbeitsabstand vieler Objektive ein hohes Maß an Sorgfalt und Vorsicht auf der Seite des Mikroskop-Benutzers. Die wichtigsten technischen Daten sind den Objektiven aufgraviert. Hier finden sich Angaben zu Objektivserie, Maßstabszahl, Auflösungsvermögen (numerische Apertur), Deckglaskorrektur und mechanischer Tubuslänge.
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Die Bildqualität der Objektive wird mit viel Aufwand optimiert. Hierbei steht die Korrektur der Fehler, welche bei der Abbildung eines Objekts durch Glaslinsen immer auftreten, an erster Stelle. Objektive, bei denen alle wichtigen Abbildungsfehler behoben sind, sind jedoch sehr teuer. Außerdem ist die Bedeutung der Abbildungsfehler nicht für jeden Einsatzzweck gleich signifikant. Sollen beispielsweise Mikrofotografien angefertigt werden, so ist die gleichmäßige Schärfe des mikroskopischen Bildes bis an die Ränder wichtig (sogenannte Plan-Objektive mit Bildfeldebnung). Für die normale visuelle Mikroskopie kann man auf diese Forderung jedoch eher verzichtet werden. Der Mikroskopiker arbeitet ständig mit dem Feintrieb, somit kann er unscharfe Bereiche bei Bedarf fokussieren. Um diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden, haben die Hersteller meist mehrere Objektivserien mit unterschiedlicher Korrektur der Abbildungsfehler im Angebot. Hierbei unterscheidet man, unabhängig vom jeweiligen Hersteller, die nachfolgend aufgeführten Objektivklassen.
Für bestimmte lichtmikroskopische Verfahren werden Spezialobjektive benötigt. Nachfolgend noch zwei wichtige Beispiele für derartige Objektive
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Neben den beschriebenen Objektiven werden auch noch weitere Spezialobjektive zum Beispiel für die Fluoreszenz- und Polarisationsmikroskopie angeboten. Da ich diese Verfahren nicht näher beschreibe, seien diese Objektivtypen deshalb nur der Vollständigkeit halber erwähnt. |
Das OkularDie heute gängigen Mikroskope werden auch als "zusammengesetzte Mikroskope" bezeichnet. Zusammengesetzt deshalb, weil die Vergrößerung in zwei Stufen erfolgt. Das vom Objektiv erzeugte Zwischenbild wird nämlich in einer zweiten Vergrößerungsstufe durch das Okular nachvergrößert. Prinzipiell ist das Okular nichts anderes als eine Lupe, mit welcher der Benutzer das Zwischenbild beobachtet. Dabei sind die Okulare der Hersteller jeweils für die eigenen Objektivserien optimiert. Es empfiehlt sich deshalb keinesfalls Objektive und Okulare verschiedener Hersteller zu kombinieren. |
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Spezielle OkulareDinge, die sich im Bereich des Zwischenbildes befinden (= Sehfeldblende des Okulars), sieht der Anwender bei der mikroskopischen Beobachtung ebenfalls scharf. Dieser Umstand wird ausgenutzt, um dem mikroskopischen Bild beispielsweise eine Skala für die Längenmessung "aufzuprägen". Für ein derartiges Messokular wird folglich ein sogenanntes Messplättchen auf der Sehfeldblende aufgebracht. Daneben kann im Bereich der Sehfeldblende auch eine Maske für die mikrofotografische Dokumentation angebracht werden. Durch eine derartige Fotomaske wird der Beobachter weitgehend unabhängig vom Sucher der Kamera, die ständige Bereitschaft für die mikrofotografische Dokumentation ist gewährleistet. |
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© 2000 Christian Linkenheld