Christian Linkenheld
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Bestimmte Objekte sind so strukturiert, dass Licht in ihnen nur in zwei zu einander senkrecht orientierten Ebenen schwingen kann. Der Brechungsindex für eine dieser beiden Schwingungsrichtungen verändert sich zudem mit der Einfallsrichtung des Lichts. Wir sprechen hierbei von Doppelbrechung und bezeichnen die jeweiligen Objekte als optisch anisotrop. Objekte, welche dieses Verhalten nicht aufweisen werden dagegen als optisch isotrop bezeichnet. Trifft ein Lichtstrahl auf einen doppelbrechenden Körper, so wird er folglich in zwei linear polarisierte Teilstrahlen aufgespalten. Für einen der beiden Teilstrahlen beobachtet man in allen Lichteinfallsrichtungen einen gleichbleibenden Lichtbrechungsindex (=ordentlicher Strahl). Der zweite Teilstrahl ist in seinem Verhalten von der Richtung des einfallenden Strahls abhängig. Insbesondere der Lichtbrechungsindex zeigt sich richtungsabhängig. Man bezeichnet diesen Teilstrahl als außerordentlichen Strahl Beide Teilstrahlen behalten ihre jeweilige Schwingungsrichtung nach dem Verlassen des doppelbrechenden Objekts bei.

 

Anisotropie - Das Prinzip der Doppelbrechung
   

 

Optisch anisotrope Objekte besitzen eine geordnete innere Struktur, deren Erscheinungsbild sich mit dem Blickwinkel verändert. Diese Eigenschaft trifft beispielsweise auf Kristalle zu (Ausnahme: kubisches Kristallsystem - z.B. von Kochsalz).

Man kann für doppelbrechende Stoffe mindestens eine Lichteinfallsrichtung beobachten, in welcher der Lichtbrechungsindex für beide linear polarisierten Teilstrahlen identisch ist. Diese Richtung wird als kristalloptische Achse bezeichnet. Beachten Sie unbedingt, dass die kristalloptische Achse nicht eine einzelne Gerade beschreibt, welche durch den doppelbrechenden Körper läuft, sondern nur eine Richtung. Ist die Lichteinfallsrichtung senkrecht zur kristalloptischen Achse orientiert, so nimmt die Differenz der Brechungsindices dagegen ihren maximalen Wert an.

Wir beschränken uns nachfolgend auf Objekte mit nur einer kristalloptischen Achse (=einachsige Objekte). Die Differenz der Lichtbrechungsindices zwischen ordentlichem und außerordentlichem Strahl ist am größten, wenn die Lichteinfallsrichtung senkrecht zur optischen Achse orientiert ist. Kann man für den außerordentlichen Strahl dann einen größeren Lichtbrechungsindex als für den ordentlichen Strahl feststellen, so spricht man von positver Doppelbrechung. Wenn im umgekehrten Fall für den außerordentlichen Strahl der kleinere Lichtbrechungsindex beobachtbar ist liegt negative Doppelbrechung vor. Positive Doppelbrechung weist beispielsweise Quarz auf; negative Doppelbrechung läßt sich unter anderem bei Kalkspat beobachten.

Man kann von einem Punkt ausgehend für alle Lichteinfallsrichtungen die Schwingungsrichtungen für den ordentlichem und außerordentlichem Strahl auftragen. Die Streckenlänge wird hierbei durch die zugehörigen Lichtbrechungsindices bestimmt. Die Endpunkte aller so erhaltenen Strecken liegen dann für einachsige Objekte auf der Schale eines Rotationsellipsoids. Dieses Rotationsellipsoid wird als "Indikatrix" bezeichnet.

 

Indikatrix bei einachsiger Doppelbrechung
   

 

Wichtig:
Einige der folgenden Darstellungen sind nur dann richtig zu interpretieren, wenn man weiß, wie die Schwingungsrichtungen in einem doppelbrechenden Objekt bestimmt werden können. Prägen Sie sich deshalb die nachfolgende Vorgehensweise gut ein.

 

Sind der Verlauf der kristalloptischen Achse, sowie die Lichteinfallsrichtung bekannt, so können die Schwingungsrichtungen von außerordentlichem und ordentlichem Strahl recht einfach bestimmt werden. Zunächst ermittelt man den Hauptschnitt als Ebene, welche durch die kristalloptische Achse und die Lichteinfallsrichtung aufgespannt wird. Die Schwingungsrichtung des außerordentlichen Strahls liegt dann im Hauptschnitt. Die Schwingungsrichtung des ordentlichen Strahls wiederum ist senkrecht zu der des außerordentlichen Strahls orientiert.

 

Wenn die Lichteinfallsrichtung exakt parallel zur optischen Achse verläuft verschwindet das Phänomen der Doppelbrechung übrigens völlig. Der optisch anisotrope Körper verhält sich dann wie ein isotropes Objekt. Durch den parallelen Verlauf von optischer Achse und Lichteinfallsrichtung läßt sich auch kein Hauptschnitt ermitteln.

 

Anwendung des Huygens-Prinzips der Elementarwellen auf optisch anisotrope Objekte

Das bereits eingeführte Huygens-Prinzip beschreibt die Fortpflanzung einer Lichtwelle aus der stetigen Entstehung und Interferenz Huygensscher Elementarwellen.

Dieses Modell ist auch sehr gut geeignet um das Verhalten des außerordentlichen Strahls bei der Doppelbrechung verstehen zu können. Hierzu müssen wir zunächst die Form der Huygensschen Elementarwellen in einem anisotropen Medium bestimmen. In einem optisch isotropen Körper sind der Lichtbrechungsindex und somit die Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen des Raumes gleich. Folglich nehmen die Elementarwellen hier die bereits bekannte Form einer Kugel an. Wir wissen bereits, dass der Lichtbrechungsindex für den außerordentlichen Strahl in einem anisotropen Objekt richtungsabhängig ist. Dies trifft somit auch auf die Lichtgeschwindigkeit zu. Betrachten wir beispielsweise einen Kristall des negativ doppelbrechenden Kalkspats, so können wir den größten Lichtbrechungsindex und damit die geringste Lichtgeschwindigkeit in Richtung der optischen Achse feststellen. Senkrecht zur optischen Achse sinkt der Brechungsindex dagegen auf seinen Minimalwert und das Licht kann sich schneller fortpflanzen. Unter diesen Bedingungen nehmen die Huygenschen Elementarwellen die Form eines Ellipsoids an. Die längere Achse dieses Ellipsoids steht senkrecht auf der kristalloptischen Achse. Die sich ständig neu aus den Elementarwellen regenerierende Wellenfront ergibt sich auch hier als Einhüllende aller Elementarwellen.

 

Das Huygens-Modell für negative Doppelbrechung
   

 

Die obige Darstellung erklärt auch ein zunächst kaum nachvollziehbares Verhalten des außerordentlichen Strahls. Dieser wird nämlich selbst bei senkrechtem Einfall auf das anisotrope Medium vom Einfallslot weg gebrochen (maximal wenn der Winkel zwischen kristalloptischer Achse und Eintrittsfläche 45° beträgt).

Dieser Widerspruch läßt sich auflösen, wenn man die Orientierung der Wellenfronten betrachtet. Bislang gingen wir immer davon aus, dass ein Lichtstrahl die Ausbreitungsrichtung der Lichtenergie beschreibt und senkrecht zur zugehörigen Wellenfront orientiert ist. Dies ist beim außerordentlichen Strahl jedoch nicht der Fall. Hier gibt die Strahlrichtung nur die Richtung der Energieausbreitung wieder. Das Lichtbrechungsgesetz bezieht sich jedoch genau betrachtet auf die Verlaufsrichtung der Wellennormalen, welche sich in der obigen Darstellung auch im anisotropen Objekt nicht ändert.