Christian Linkenheld
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Die bisher beschriebenen Mikroskope ermöglichen, auch wenn sie mit einem binokularen Tubus ausgestattet sind, kein räumliches (stereoskopisches) Sehen. Dies liegt daran, dass beide Augen exakt das gleiche Bild des Präparates geboten bekommen. Räumliches Sehen erfordert jedoch zwei zumindest geringfügig unterschiedliche Bilder. Im Alltag entsteht der räumliche Seheindruck durch die unterschiedliche Perspektive beider Augen. Beide Augenachsen treffen deshalb unter dem so genannten Konvergenzwinkel auf das betrachtete Objekt. Bezogen auf die konventionelle Sehweite von 250mm beträgt dieser Winkel je nach individuellem Augenabstand etwa 15°.

 

Der Konvergenzwinkel
   

 

Will man nun von einem Objekt unter gleichzeitiger Vergrößerung ein räumliches Bild erblicken, so ist dies möglich, wenn man zwei identische Mikroskope so anordnet, dass ihre Achsen sich unter einem Winkel von etwa 15° im betrachteten Objektpunkt schneiden. Ein derartiges Mikroskop wurde zuerst 1892 auf Vorschlag des Zoologen Greenough von Carl Zeiss gebaut. Bringt man gleichzeitig noch spezielle Umkehrprismen in den Strahlengang, so ist das vergrößerte Bild zugleich räumlich, seitengleich und aufrecht. Derartige Mikroskope werden als Stereomikroskop bezeichnet.

Neben der von Greenough vorgeschlagenen Anordnung mit zwei komplett getrennten Mikroskopen gibt es inzwischen auch Stereomikroskope mit einem gemeinsamen Hauptopbjektiv. Hier wird der notwendige Konvergenzwinkel dadurch erzeugt, dass hinter dem Objektiv zwei Teilstrahlenbündel separiert werden. Stereomikroskope mit einem gemeinsamen Hauptobjektiv arbeiten nach dem gleichen Prinzip, wie die bereits beschriebene Mikroskope mit Unendlich-Optik. Dies bedeutet, dass das Objektiv ein Bild zunächst nach ∞ projiziert. Erst die Tubuslinsen der beiden Teilsysteme erzeugen dann wieder jeweils ein reelles Zwischenbild. Da diese Mikroskope von einem (Keplerschen) Teleskop abgeleitet sind spricht man bei dieser Art von Stereomikroskopen in Abgrenzung zu den Greenough-Systemen auch vom "Fernrohr-" oder "Teleskop-Typus".

 

Stereomikroskope nach dem Greenough- und dem Teleskop-Prinzip
   

 

Die obige Darstellung zeigt vergleichend beide Typen von Stereomikroskopen. Beachten Sie, dass im Unendlich-Bereich des Teleskop-Systems je ein weiteres Teleskop vom Galilei-Typus dargestellt ist. Diese Galileischen Fernrohre ermöglichen eine Variation der Vergrößerung, indem sie einfach die Neigung der Parallelstrahlenbündel gegen die optische Achse modifizieren. Man findet diese Galileischen Teleskope bei älteren Stereomikroskopen mit Vergrößerungswechsler. Mit einem Schaltmechanismus können sie gedreht oder ganz aus dem Strahlengang ausgeschaltet werden. Man erhält in diesem Fall 3 verschiedene Vergrößerungen, wobei das Galileische Teleskop einmal vergrößernd und im gedrehten Zustand verkleinernd gegenüber der Neutralstellung ohne Teleskop wirkt. Mit einem zweiten Teleskoppaar läßt sich dann auch ein 5-stufiger Vergrößerungswechsler verwirklichen.

Aktuelle Stereomikroskope verfügen zumeist über ein Zoomsystem für einen kontinuierlichen Vergrößerungswechsel. Hierbei sind inzwischen Zoomfaktoren bis über 15:1 möglich. Der üblicherweise sinnvolle Vergrößerungsbereich für Stereomikroskope liegt etwa zwischen 5x und 60x. Prinzipiell können auch stärkere Vergrößerungen erzielt werden. Durch die geringe Tiefenschärfe geht dann aber der Stereoeindruck fast völlig verloren.